Jirí Kylián

Steckbrief

*21. März 1947, Prag

Choreograph

1947 in Prag geboren – Ausbildung an der Schule des Nationaltheaters und am Prager Konservatorium – kommt der zwanzigjährige Jiří Kylián 1967 nach London, um an der Royal Ballet School sein Studium als Tänzer abzurunden. Tatsächlich kommt der potentielle Choreograph in Berührung mit den damals neuesten Entwicklungen des Tanzes – er trifft unmittelbar auf die Werke von u.a. Kenneth MacMillan und Martha Graham.

Es ist John Cranko, der den jungen Tschechen zunächst als Tänzer an das von ihm geleitete Stuttgarter Ballett verpflichtet. Einmal in Stuttgart beginnt Kylián bald darauf mit seinen ersten choreographischen Arbeiten – erst bei den Matinee-Veranstaltungen der Noverre-Gesellschaft, dann für das Stuttgarter Ballett. In Stuttgart begegnet und arbeitet er mit Choreographen wie Cranko, MacMillan und Glen Tetley – und kreiert seine ersten Choreographien mit Tänzer*innen wie Marcia Haydée, Egon Madsen, Richard Cragun – und einer jungen Gruppentänzerin namens Sabine Kupferberg.

Gemeinsam mit Sabine Kupferberg kommt Jiří Kylián 1975 zum Nederlands Dans Theater – als Choreograph und zunächst als künstlerischer Kodirektor. Schon bald breitet sich der Ruf seiner Choreographien aus – und 1978 gelingt ihm mit dem Nederlands Dans Theater der internationale Durchbruch mit Werken wie Psalmensinfonie und Sinfonietta.

Neben seiner eigenen choreographischen Entwicklung hat Jiří Kylián in bemerkenswerter Weise andere Choreographen gefördert. Mats Ek beispielsweise war als Tänzer engagiert beim NDT und kreierte dort wichtige Stücke, bevor er künstlerischer Direktor des Cullberg Balletts wurde. William Forsythe tanzte in frühen Werken Kyliáns, bevor er nach Holland eingeladen wurde und Kylián ihm den Auftrag zu Tanzproduktionen gab wie z.B. Gänge, mit denen Forsythe sich in Frankfurt vorstellte. Ende der achtziger Jahre holte Kylián Ohad Naharin nach Den Haag, der damit seinen internationalen Ruf begründete und Leiter der Batsheva Dance Company wurde. Wie Paul Lightfoot, Johan Inger und eine Anzahl weiterer Tänzer, genoss auch Nacho Duatos die Förderung Kyliáns. 

Nach 25 Jahren, in denen Kylián mit dem NDT einen der vordersten Plätze in der Tanzwelt erobert hat – 60 Werke allein für und mit dieser Compagnie – hat er sich von seinem Direktionsposten zurückgezogen, um künstlerisch unabhängig von den Pflichten und Zwängen eines Compagnieleiters zu werden und den so entstandenen Freiraum schöpferisch zu nutzen.

Als künstlerischer Direktor hat er ein NDT hinterlassen, das Vorbild ist für viele – das mit seinen drei unterschiedlichen Gruppen, dem NDT, dem NDT II für Nachwuchstänzer und dem NDT III für «ältere» Tänzer als weltweit erste Compagnie die drei Dimensionen eines Tänzerlebens erschloss.

Für seine Verdienste als Choreograph und Leiter des Nederlands Dans Theater, als Künstler und Mensch mit einer großen Ausstrahlung, ist Jiří Kylián vielfach geehrt und ausgezeichnet worden. Seine Werke sind – auch im Repertoire anderer Compagnien – überall in der Welt zu sehen. Trotz Abschied von der Direktion 1999 bilden Jiří Kylián und seine Tanz-Produktionen auch weiterhin den künstlerischen Leitfaden des Nederlands Dans Theater, auch wenn er sich 2009 von der Position des ständigen Hauschoreographen zurückzog.

Zu seinen Preisen und Auszeichnungen gehören der Königlich-Niederländische Orden von Oranje-Nassau (1995). Ehrendoktorwürde der Juilliard School New York, Arch-Angel Award (Edinburgh International Festival, 2000), Sir Laurence Olivier Award for Psalmensinfonie (London, 2000), Nijinsky Awards für «Bester Choreograph», «Beste Compagnie», «Bestes Werk» (Monte-Carlo, 2000), Benois de la Danse (Moskau und Berlin), Ehrenmedaille des Präsidenten der Tschechischen Republik, «Chevalier du Légion d’Honneur» (Paris 2004), Goldener Löwe für sein Lebenswerk (Biennale Venedig 2008), Medaille des Ordens der Oranjer für Künste und Wissenschaft (2008), VSCD Dance Award Zwaan «Beste Produktion» und «Verdienste um den Tanz» (2008), Prix Italia 2009, Tschechischer Verdienstorden Tanz und Theater «Lebenswerk» (2011).

Kyliáns Werke im Berliner Repertoire (Übersicht)

Sinfonie in D (1981 Ballett der Deutschen Oper, Neufassung 2004 Staatsballett Berlin)
Blaue Haut (1984 Ballett der Deutschen Oper)
Stamping Ground (1996 Ballett der Deutschen Oper)
Rückkehr ins fremde Land (1999 Ballett der Deutschen Oper)
Click-Pause-Silence (2015 Staatsballett Berlin)
Petite Mort (2015 Staatsballett Berlin)

 

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