Wunder­kammer

Zusammenfassung

Choreographie von _Marcos Morau_\Musik von _Clara Aguilar_ und _Ben Meerwein_
Choreographie von Marcos Morau
Musik von Clara Aguilar und Ben Meerwein
Choreographie von Marcos Morau
Musik von Clara Aguilar und Ben Meerwein
Choreographie von Marcos Morau
Musik von Clara Aguilar und Ben Meerwein
Choreographie von Marcos Morau
Musik von Clara Aguilar und Ben Meerwein
Choreographie von Marcos Morau
Musik von Clara Aguilar und Ben Meerwein
Choreographie von Marcos Morau
Musik von Clara Aguilar und Ben Meerwein

Empfohlen ab 16 Jahren

Marcos Morau, preisgekrönter Choreograph und derzeit «Artist in Residence» beim Staatsballett Berlin, ruft mit seinen unverwechselbaren Bühnenwelten vertraute Orte ins Gedächtnis, die er zugleich in traumartige und unwirkliche Sphären versetzt. Der Titel Wunderkammer verweist auf die historischen Wunderkammern – auch Kuriositätenkabinette genannt –, die im Europa der Renaissance und des Barock als Sammlungen außergewöhnlicher und ‹kurioser› Objekte dienten. In diesen Wunderkammern wurde ‹Fremdartiges› und Faszinierendes aus Wissenschaft, Kunst und Natur zusammengetragen und vereint. Marcos Morau greift dieses Thema auf und verwandelt die Bühne in seinem Werk zu einem Ort voller Überraschungen und unerwarteter Perspektiven, um seine persönliche Formulierung der Frage nach dem ‹Fremden› aufzuwerfen. Wie es typisch für ihn ist, reflektiert er zugleich über die Theaterbühne selbst, und greift auf universelle Themen zurück, nämlich die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und das Bedürfnis, die eigene Identität in einer immer komplexer werdenden Welt zu definieren. So wird Wunderkammer zugleich zu einem szenischen Spiegel unserer Zeit.

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Hinweis: Während der Aufführung werden unvermittelte und starke Sound-Effekte ausgelöst, die unter Umständen ein gewohntes Maß überschreiten. 

Videos / Trailer

Termine

2025
2025
2026
2026
 
Info

Komische Oper Berlin @ Schillertheater
18.00 Uhr
1 h 10 min ohne Pause
41,50 – 98,00
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Komische Oper Berlin @ Schillertheater
15.00 Uhr
1 h 10 min ohne Pause
12,00 – 98,00
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Komische Oper Berlin @ Schillertheater
19.00 Uhr
1 h 10 min ohne Pause
41,50 – 98,00
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Komische Oper Berlin @ Schillertheater
19.30 Uhr
1 h 10 min ohne Pause
16,50 – 112,00
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Komische Oper Berlin @ Schillertheater
19.30 Uhr
1 h 10 min ohne Pause
16,50 – 112,00
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Komische Oper Berlin @ Schillertheater
19.30 Uhr
1 h 10 min ohne Pause
15,50 – 98,00
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Familienvorstellung- & Workshop

13.00 Uhr

5

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zahlen bei Familienvorstellungen auf allen Plätzen 10 €.

Schon im Vorfeld können sich Kinder und Jugendliche in Workshops gemeinsam mit ihren Eltern mit einer altersgerechten Einführung auf den Ballettbesuch vorbereiten, mehr zur Handlung erfahren, die Charaktere kennenlernen und kurze Szenen aus dem Stück tanzen. Der Workshop findet zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn statt.

 
Anmeldung erforderlich

Telefon: 030 34 384-166
E-Mail: contact@tanz-ist-klasse.de

«Furios, soghaft und voller düsterer Ahnungen. […] Es ist ein Abgesang auf die 20er Jahre und eine ganz große Show.»

Berliner Zeitung

«Das ausdrucksstarke Ensemble vermag zu fesseln.»

Tagesspiegel

«Wandelbar und in den verschiedensten Stilen versiert zeigt sich das glänzend trainierte Staatsballett-Ensemble.»

Berliner Morgenpost

«Marcos Morau huldigt Berlin als Tanzmetropole, greift die Fäden zeitgenössischer und historischer Ästhetiken auf und verdrillt sie zu dichten Szenen.»

Der Freitag

«Ein imposanter Abend mit beeindruckenden Bildern.»

Deutsche Bühne

«Ein starkes Bild für die 1930er-Jahre aber auch für die gesellschaftspolitischen Veränderungen im Europa unserer Zeit. […] Ein Gesamtkunstwerk, das einen 70 Minuten in den Bann zieht.»

Tanznetz.de

«Das Theater selbst kann eine bewegte Wunderkammer sein»

Marcos Morau im Gespräch

Staatsballett Berlin (SBB) Dein neues Stück trägt den deutschen Titel Wunderkammer. Wie kam es zu dem Titel und welche Bedeutung hat dieser für dich?

Marcos Morau (MM) Titel müssen für mich auf mehreren Ebenen funktionieren: im Klang, in der Bedeutung und in den Assoziationen, die sie hervorrufen. Wunderkammer bezieht sich auf historische Kuriositätenkabinette, in denen Sammler ‹exotische› Objekte, Kuriositäten und groteske Artefakte anordneten, die eine Faszination für Abweichung und das Unbekannte widerspiegelten. Mich interessiert, dass der Wert dieser Wunderkammern weniger in den Objekten selbst lag, als in den Geschichten, die sie hervorriefen. Diese Sammlungen verbanden Schönheit und Furcht, Wunder und Fremdheit und enthielten oft ‹Monster›, wie seltene Tiere, anatomische Kuriositäten und Hybride, also Mischformen oder Objekte zwischen Natur und Kunst, Realität und Fantasie. Das waren im Grunde Objekte, die aus dem Kontext sozialer Normen gelöst wurden und die Wahrnehmung des ‹Fremden› herausforderten.


Einerseits werden in den Wunderkammern menschliche Neugier, aber auch Hierarchien und soziale Privilegien sichtbar: Wer konnte sammeln, wer konnte ausstellen, wessen Welt wurde repräsentiert? Für mich verkörpert der Titel Wunderkammer genau diese Spannung zwischen Faszination und Macht, zwischen Staunen und Aneignung. Er ist ein Raum des Entdeckens und zugleich des Hinterfragens von Andersartigkeit. Nach meinem Eindruck trägt das Wort selbst auf Deutsch eine poetische Resonanz und lädt das Publikum in eine bewegte, imaginative Welt zwischen Freude und Unbehagen ein.

SBB Wunderkammern haben eine lange historische Tradition. Wie nutzt du sie für deine künstlerische Vision?

MM Für mich bietet Geschichte einen Rahmen, um die Gegenwart zu befragen. Mein Ziel ist es jedoch nicht, die historischen Wunderkammern im wörtlichen Sinne nachzubilden. Stattdessen nutze ich die Konzepte, die in den Wunderkammern stecken, um meine Ideen sichtbar zu machen. Ich trage Fragen von Gemeinschaft und Individualität in mir, die ich auszudrücken versuche. Das Theater bietet eine Bühne, um Spannungen zu erzeugen, ohne sie zwingend auflösen zu müssen, ganz so wie eine Wunderkammer, die Objekte zeigt, ohne ihre Verbindungen zu erklären. Indem ich Vergangenheit und Gegenwart miteinander verknüpfe, versuche ich, einen Dialog im Hier und Jetzt anzustoßen.

SBB In den historischen Wunderkammern stecken auch koloniale Perspektiven und Machtansprüche. Wie reflektierst du in deinem Stück diese Verbindung von Neugier, Aneignung und Macht?

MM Wunderkammern spiegelten tatsächlich sowohl die Neugier als auch die Macht ihrer Schöpfer wider. In meinem Stück geht es mir um ähnliche Kontraste. Ich stelle mir das Theater selbst als eine bewegte Wunderkammer vor. Für mich ist die Bühne ein Raum, in dem das Unerwartete geschieht, Ideen aufeinandertreffen und Emotionen angeregt werden. Während historische Wunderkammern physische Sammlungen waren, konzentriert sich meine Arbeit auf immaterielle Erfahrungen, also Gefühle, Bewegungen und Atmosphären. Die Bühne wird zu einem Container für verschiedene Fragestellungen, ähnlich wie die historischen Kabinette eine Vielzahl von Objekten beherbergten, die jeweils ihre eigene Geschichte erzählten und gleichzeitig zu einem größeren Narrativ von Neugier und Staunen beitrugen.

SBB Was sind die zentralen Themen deiner Wunderkammer?

MM Das Stück erforscht Freiheit, Neugier und die Spannung zwischen Ordnung und Chaos. Ich möchte die Idee von ‹Schönheit› der Abweichung und Fremdheit gegenüberstellen. Mich inspirierten die nächtlichen Welten vom Kabarett und die düsteren Welten des Nachtlebens, in denen grotesker Humor, spielerische Übertreibung und eine Aura des Verborgenen aufscheinen, und in denen inmitten gesellschaftlicher und kultureller Umbrüche Rebellion aufkeimen konnte. Ich habe mich gefragt, warum in Berlin gerade während der Weimarer Zeit so viele Kabaretts und Nachtclubs entstehen konnten. Diese Etablissements waren höchst unterschiedlich: Neben kommerziellen, eskapistischen Formen existierten auch Bühnen, die gesellschaftliche Normen hinterfragten, politische Inhalte verhandelten und marginalisierten Gruppen Sichtbarkeit boten. Manche boten Freiräume für Experimente und alternative Lebensentwürfe, andere dienten vor allem der Unterhaltung und Ablenkung. In dieser Vielfalt spiegelte sich die Ambivalenz der modernen Großstadtnacht: ein Nebeneinander von Aufbruch und Anpassung, von künstlerischer Grenzüberschreitung und kommerziellem Vergnügen, während draußen die Welt aus den Fugen geriet. Diese Orte hießen das ‹Andere› willkommen, doch selbst dort drangen die Unruhen der Außenwelt ein.

SBB Wie arbeitest du mit den Tänzerinnen an so einem Projekt?

MM Ich fordere sie gern heraus, ihre gewohnten Grenzen zu überschreiten. In den Proben dürfen sie improvisieren, singen, sprechen, sie sollen die Gruppe führen und spontan reagieren können. Unterschiede und ‹Fehler› werden dabei als kreatives Material verstanden und integriert. In Wunderkammer verkörpern die Tänzerinnen die Vielschichtigkeit einer Wunderkammer, manchmal in völliger Synchronität, manchmal in Soli oder Duetten, einige Tänzer*innen werden singen, andere bleiben stumm.

SBB Wenn es um die Interpretation deines Stückes geht: Wie sollte das Publikum auf Wunderkammer reagieren? Sollen sie über seine historischen Ursprünge nachdenken oder sich ganz auf die Gegenwart konzentrieren?

MM Im Idealfall beides. Ich möchte, dass das Publikum unmittelbar in die Aufführung eintaucht und gleichzeitig ihre tieferen Schichten wahrnimmt. Wunderkammer enthält für mich auch Zynismus und Kritik, ich möchte den Lauf der Geschichte, die Fragilität der sozialen Systeme, auf die wir angewiesen sind, und politisch-soziale Spannungen infrage stellen. Historische Wunderkammern waren Orte des Staunens, aber auch Räume der Ausgrenzung und Einverleibung. Das Stück erforscht Themen rund um Freiheit, Kreativität und die Suche nach Menschlichkeit in Zeiten des Umbruchs. Jede Aufführung ist als Dialog mit dem Publikum gedacht. Ich möchte es einladen, über seine eigenen Wunderkammern nachzudenken, jene inneren Räume, in denen Erfahrungen, Erinnerungen und Träume gesammelt werden, um sich gleichzeitig den komplexen Widersprüchen der Welt um uns herum zu stellen.

Entnommen aus dem Programmheft
Das Gespräch führte Katja Wiegand